Über 20 Jahre lang haben sie mich bei meiner Beschäftigung mit mittelalterlicher Architektur begleitet. Wo immer eine Säule, ein Pfeiler – sie enden in einem Kapitell.
Ob antike Kapitelle, wie in Jouarre, ob alte mittelalterliche Pilzkapitelle, ob gewagte oder poetische Figurenkapitelle der Romanik – ich habe mich mit ihnen beschäftigt, und sie haben mich fasziniert.
Bei der Fülle der Typen und Formen vergaß ich manchmal ihre Funktion: Sie organisieren und schmücken den Übergang zwischen Stütze und Gebälk bzw. Gewölbe.
Hauptkirche Rothenburg ob der Tauber, Spätgotik, 15. Jh.
Bei intensiverer Beschäftigung mit der Spätgotik muss ich nun feststellen (warum so spät?) - das Kapitell verschwindet. Wie Äste eines Baumes gebiert die Säule übergangslos ein Bündel von gewölbetragenden Diensten.
Liebfrauenkathedrale Antwerpen, Spätgotik, 15. Jh..
Trotz einer gewissen Wehmut trösten zwei Dinge: Das Problem ist meist ästhetisch gelöst, und in den kommenden Kunstperioden wird das Kapitell wieder zu Ehren kommen.