Vor kurzem stieß ich auf eine Fotoserie über spätantike Bauten in Ravenna und war wieder fasziniert von den Grabmälern zweier großer historischer Persönlichkeiten und dem spannenden Gegensatz in Architektur und Ausstattung der Bauwerke, die in einer Zeitdifferenz von etwa 70 Jahren errichtet wurden.

Da ist zunächst das Grabmal der weniger bekannten römischen Kaiserin Galla Placidia. Zu Anfang des 5. Jh. erstand ein unauffälliger Backsteinbau auf dem Grundriss eines griechischen Kreuzes. Über den Satteldächern der 4 niedrigen Arme erhebt sich ein gedrungener Turm, der die Hängekuppel birgt.

Innen vergisst der Besucher das unscheinbare Äußere. In weihevoller Dämmerung umgibt ihn die Pracht des 1500 Jahre alten Mosaikschmucks mit dem großartigen blau-goldenen Sternenhimmel der Kuppel.
Ganz anders der zweigeschossige Zentralbau des berühmten Gotenkönigs Theoderich aus dem Beginn des 6. Jh.
Sorgfältig behauene Großquader aus Kalkstein, mörtellos gesetzt, türmen sich auf 10-eckigem Grundriss bis zu 16 m Höhe empor. Gekrönt ist das Obergeschoss von einem ca. 300 Tonnen schweren Dachmonolith. Anfertigung in Istrien, Transport und Montage sind Glanzleistungen spätantiker Ingenieurskunst.

Das Äußere übertrumpft eindeutig das Mausoleum der Kaiserin. Innen aber ist der Bau schmucklos. Eine Porphyrwanne im Obergeschoss wurde erst im 20. Jh. aufgestellt.
Die Erbauer beider Grablegen sind nicht in ihnen bestattet. Forscher vermuten Galla Placidias Grab in Rom.
Leichnam und Sarkopharg des arianischen Gotenkönigs fielen religiöser Intoleranz zum Opfer. Nach der Eroberung des Gotenreiches tilgten die Katholiken alle Andenken an die Häretiker.